Ein Name für Mini

 

 

Nach „Oh mein Gott, wir bekommen ein Baby“ kam 2016 direkt die Frage „und wie soll es heißen?“.  Deutsch. Japanisch. Deutsch-Japanisch. Japanisch-Deusch? Klassisch oder ausgefallen? Ich dachte früher immer, ich hätte es mit den Namen meiner Großen schon schwer gehabt, aber einen Namen für zwei Sprachen zu finden, mit dem auch noch alle zufrieden sind, gestaltete sich als äußerst abenteuerlich…

Als ich Männe den anstehenden Nachwuchs mitteilte, schenkte ich ihm auch gleich ein (großes) japanisches Namensbuch dazu. Für mich war schon relativ schnell klar, dass ich zu einem Doppelnamen tendiere, denn unser Kind sollte später aus beiden Kulturen einen Namen haben, auf den es zurückgreifen kann wenn es möchte. Hybridnamen wie Noah, Anne, Anna, Loui(s), Lio, Leo, Emma usw, die es in beiden Sprachen gibt, fielen daher raus.

Während Männe das Buch durcharbeitete, durchforstete ich deutsche Namensseiten für Ideen und erstellte eine Liste. Als ich fertig war, brütete Männe noch immer über dem Buch.

 

In Japan gibt es verschiedene Systeme um einen passenden Namen für den Nachwuchs zu finden. Je nachdem wie gläubig oder ungläubig, wie traditionell oder modern etc man ist, nutzt man eins oder mehrere dieser Systeme – aber generell gilt, dass der Name am Ende eine durchweg positive Bedeutung haben muss (was die Kanji betrifft, denn mittlerweile kommt es auch immer vermehrter vor, dass Eltern ihren Kindern keine Kanji geben und demenstprechend nur Hiragana-Namen eingetragen werden).

Variante 1 – man hat ein oder mehrere Kanji, die man toll findet und aus denen man den Namen zusammenbastelt. (Z.B. 優 – für sich alleine kann es zum Beispiel Yui, Yun, Mayu oder Yuu gelesen werden, kombiniert man es mit anderen Kanji, kann daraus beispielsweise 采優姫 Ayuki oder 輝優  Akimasa werden)

Variante 2 – man hat einen (Laut-)Namen im Kopf und sucht sich dann die Kanji dazu. (Z.B. Haruka. Für die Lesung Haruka gibt es mehrere hundert Möglichkeiten es in Kanji umzusetzen. Beispielsweise 悠花 oder 愛春香)

 

Hat man den ersten Schritt gemeistert, kommt die nächste Hürde. Bei Variante 1 hat man meist schon eine Bedeutung im Kopf, muss aber noch eine passende Lesung finden, bei Variante 2 ist es etwas schwerer, denn es gibt unendlich viele Kanji und fast jedes davon hat mehrere Lesungen.. Aus all diesen Kanji die am besten passende Lösung herauszupicken, erfordert viel Geduld und Wörterbuchwälzerei.

Hat man Kanji und Lesung zusammen, ist man aber noch längst nicht am Ende der Namensfindung angekommen – je nach Strenge gibt es bestimmte Kombinationen, die besonders positiv wirken, Strichanzahlen, die möglichst auf einer der Glückszahlen enden sollten und noch einige tolle Regeln mehr. Oft sitzen Neueltern lange daran, die gewählten Kombinationen durch eine Variation an Webseiten zu schubsen um den tollsten und positivsten Namen für den Nachwuchs zu finden..

Ihr ahnt es sicher schon.. wir durchliefen das volle Programm. Männe kramte Kanjilisten zusammen und ich überlegte, welche Lautnamen für uns überhaupt in Frage kommen würden.
Leicht auszusprechen sollte es sein… und zwar so leicht, dass es nicht durch deutsche Aussprache verzerrt werden konnte (Sa-ku-ra zu Za-kuuuuuuurah usw.).

Da der Spitzname des Bauchzwergs von Anfang an Yu-chan war, wollte ich an dem Yu festhalten und bat Männe, passende Namen zusammenzustellen. Yuna, Yuri, Yuu, Yui, Yuka… auch diese Liste war endlos. Nach einigen Wochen hatten wir die Liste auf drei Namen reduziert – zwei Mädchennamen und einen Jungennamen und hatten auch schon eine Reihe passender Kanji dazu herausgearbeitet. Als sich dann zeigte, dass unser Bauchzwerg ein Junge wird, stand also fest, dass er Yuuto heißen wird. Spitzname Yuu-chan.

Dann fing die Kanjischieberei an. Ein Name, der uns verbindet, der beide Kulturen umfasst, zu uns passt, eine tiefe Bedeutung hat und dem Kind als Ticket in ein positives Leben dient. Ein Name, bei dem die diversen Onlineorakel der Strichanzahlmafia alle zumindest 80% Zustimmung anzeigen und die komplette Anzahl auf einer Glückszahl endet. Nach einer gefühlten Ewigkeit einigten wir uns darauf, dass wir erst Minis Geburt abwarten und dann schauen was zu ihm passt.

Der nächste Teil drehte sich um den deutschen Namen. Wir schoben die Namen meiner kurzen Liste hin und her, sprachen sie vorwärts, rückwärts und bunt gemischt aus, machten den „Ikea-Test“ (stellt euch eine Smarland-Durchsage vor, die durchs ganze Möbelhaus schallt: „Der/die kleine XY möchte bitte aus dem Smarland abgeholt werden!“ – wenn der gewählte Name dann noch gut klingt und ihr beim Gedanken daran nicht zusammen zuckt, habt ihr wahrscheinlich für euch den richtigen Namen gefunden 😉 ) und hatten am Ende eine Namenskombination, mit der wir glücklich waren (und auch noch immer sind!!) – wir fühlten uns gut vorbereitet.

Die Geburt ist dann der magischer Moment, an dem man das Kind anschaut und sich denkt „japp, der Name passt“ oder aber auch „oh mein Gott, das Kind braucht nen anderen Namen“. Wir schauten Mini an.. und der Name passte. Nur bei den Kanji waren wir uns nicht sicher. Also bekam Yuuto brav seinen Namen in lateinischen Buchstaben aufs Armbändchen gedruckt und Männe verbrachte die nächsten Tage (und Nächte) damit, nochmal intensiv über dem Kanjibuch zu brüten und unser Whiteboard vollzukritzeln.

 

 

Das Kanji für „Yuu“ (悠) hatten wir recht schnell festgelegt. Es steht für Beständigkeit, Entfernung, Ruhe und Einfachheit. Das Kanji für „To“ stellte uns vor die Frage, ob wir es mit seiner schnellen Geburt in Verbindung bringen wollen, oder die Verbindung zwischen unseren zwei Kulturen. Nach einer Woche hatten wir endlich die für uns perfekte Kombination gefunden: 悠翔 - Yuuto.

Sinnbildlich steht der Name für die Verbindung zweier Welten, für einen ruhigen und ausgeglichenen Charakter, der in seinem Leben Schwierigkeiten gut überwinden wird.

Nun hat unser Kind zwei Vornamen. Einen japanischen und einen deutschen. Wir hoffen, dass er in Zukunft diese zwei Namen genau so sehr lieben wird, wie wir es tun.

 

Update: … mitllerweile ist der Zwerg schon 6 Jahre alt – und wir brüten über dem Namen von unserem 3. Zwerg, der sich hoffentlich in den nächsten Tagen endlich auf den Weg macht 🙂

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